Die meisten von uns möchten Reiten. Die Vorstellung, stundelang auf einem Pferderücken die Natur zu geniessen ist verlockend und wir kennen alle die "Horse-High's", nach welchen man sich immer wieder sehnt. Die meisten kennen aber auch die leidige Suche nach dem passenden Sattel.
Der Sattelmensch ist schnell einbestellt, er soll dem Reittier bitteschön ein Modell passend machen. Doch irgendwie will es nicht so richtig klappen, auch der 135ste Sattler scheint sein Handwerk nicht zu verstehen und auch das 300ste Sattelmodell will einfach nicht passen, immer gibt es irgendein Problem.
Pferde sind nicht zum Reiten geboren. Möchten wir sie Reiten, muss uns bewusst sein, dass sie dies von Natur aus nicht in einem gesunden Bewegungsmuster bewerkstelligen können. Es erfordert viel Ausbildung und Training, ein Pferd zu einem Reitpferd zu schulen. Worauf will ich hinaus? Ein Sattel kann nur auf einem Pferderücken gut zum liegen kommen, wenn dieser vom Pferd auch so benutzt wird, dass er einen Reiter und somit den Sattel auch tragen kann.
Sackt der Brustkorb zwischen den Schultern nach unten, kippt auch der Sattel nach vorne ab, fängt an zu klemmen, zu rutschen. Sind Pferd und Reiter stark in ihrer natürlichen Schiefe unterwegs, wird auch der Sattel diese widerspiegeln und die korrespondierenden Probleme verursachen. Das Pferd hat keine andere Möglichkeit als sich zu wehren oder auf Kosten seines Körpers zu kompensieren, was unweigerlich nicht nur zu Problemen mit der Sattelpassform führt. Anders herum wird ein zu langer und / oder zu enger Sattel dem Pferd schmerzende Druckstellen verursachen und es ihm unmöglich machen, sich losgelassen und gesund unter dem Reiter zu bewegen.
Liegt der Hund nun darin begraben, dass der Sattelmensch seine Arbeit nicht gut gemacht hat? Wohl eher ist hier der Grund in der mangelnden Ausbildung des Pferdes und Fähigkeiten des Reiters zu suchen.
Keine Frage, der Dienstleister muss seinen Job gut machen und seinerseits genügend Know-How mitbringen, Pferd und Reiter optimal zu beraten. Zugegebenermassen gibt es auch genügend Fachleute, die dieses Kriterium nicht erfüllen. Die Arbeit kann letztlich aber nur so gut sein, wie das Gesamtpaket von gutem Training, Zustand des Pferdes und Fertigkeiten des Reiters die Voraussetzungen dafür schaffen.
Die Kenntnisse eines Sattelmenschen können noch so gross sein, ein Sattelsystem noch so gut: Für ein trageerschöpftes, muskulär disfunktionales Pferd wird sich kein
passender Sattel finden lassen - weil das Pferd schlichtweg nicht besattelbar ist. Auch im Falle eines zu grossen Reiterhinterns in Relation zur maximal
möglichen Auflagefläche des Pferdes ist, ist Fahren jedenfalls die bessere Option.
Und so ehrlich muss dies dem Pferdebesitzer auch nähergebracht werden. Die nötige Muskulatur und Bewegungskonzepte werden dann in sinnvoller Hand- und Bodenarbeit soweit wiederhergestellt, dass eine gute Grundlage für das Pferd geschaffen wird, den Sattel und damit den Reiter unbeschadet zu tragen. Ein Pferd ist kein Sofa! Das bedeutet auch, als verantwortungsvolle Reiter sollten wir uns überlegen, wie oft und wie lange wir auf dem Rücken unserer Pferde sitzen. Da wir heute aus reiner Freude Zeit mit unseren Pferden verbringen, sind wir es ihnen auch schuldig, die Verantwortung für ihr bestmögliches Wohlergehen zu übernehmen.
Die Sattelüberprüfung sollte regelmässig erfolgen - kaum ein Sattel passt über Jahre ohne eine einzige Anpassung. Pferdekörper (und auch Reiter) sind dynamisch und in steiger Veränderung - diesen Veränderungen muss die nötige Beachtung geschenkt werden.
Eine gute Sattelanpassung ist im besten Falle ein Puzzleteil in einem Kompentenzteam von Pferdebesitzer, Trainer, Tierarzt, Therapeuten und Hufbearbeiter,
welche Hand in Hand zusammenarbeiten sollten. Dazu zählt für mich klar auch, dass ein Sattelmensch unter Umständen die Besattelung eines bestimmten Pferdes zum aktuellen Zeitpunkt
ablehnt und an einen kompetenten Kollegen aus dem Bereich Training oder Therapie verweist.